Gier nach Öl: Daniele Ganser zum Syrien-Krieg der NATO
Den Syrienkrieg beschreibt Daniele Ganser so: „Die Golfstaaten Saudi-Arabien und Katar versuchen derzeit in Zusammenarbeit mit den Nato-Ländern USA, Großbritannien, Frankreich, Türkei und Deutschland Präsident Baschar al-Assad zu stürzen.“
Von Hannes Sies - Die komplizierte Gemengelage in Syrien hat Gansers Buch von 2016 zwar schon überholt, doch seine Hintergrundanalyse übertrifft locker das meiste, was Experten in den Leitmedien von sich geben. Ganser zweites Spezialgebiet neben verdeckter Kriegsführung ist die Geopolitik des Erdöls (und Erdgases). Er verweist als verschwiegenen Kriegsgrund auf ein Pipeline-Projekt, das Katar 2009 mit der Türkei verhandelte: Man wollte eine Pipeline durch Syrien bauen, um Katars gigantische Gasvorkommen nach Europa zu verkaufen. Doch Assad lehnte ab, um die Interessen seines russischen Verbündeten zu schützen, der auch sein Erdgas an die EU verkaufen möchte.
Das winzige Emirat Katar allein verdiente 2013 durch Erdöl 60 Milliarden Dollar, genauso viel wie der große Iran. Ganser schildert akribisch, wie die USA schon nachweislich seit 2006 am Umsturz in Damaskus arbeiten, wie die Westmedien in altbekannter Manier Assad plötzlich als neuen Hitler dämonisieren und dann im März 2011 die Provokationen im südsyrischen Dara begannen. Syrische Grenzposten stoppen einen Lkw, der Waffen und Sprengstoff aus dem Irak einschmuggeln will, plötzlich protestieren Jugendliche mit Graffitis gegen Assad, Inhaftierungen und Demonstrationen folgen, sieben Polizeibeamte werden niedergemetzelt, auch zwei Demonstranten sterben.
Ganser: „Wie schon in Libyen wurden damit wie nach einem Drehbuch die Sicherheitskräfte des Staates provoziert… Die südsyrische Stadt Dara wurde als erste destabilisiert. Der 15.März wurde auf Facebook und in anderen sozialen Medien zum ‚Tag der Wut‘ getauft und es kam zu ersten großen Demonstrationen.“ (S.293)
Von März bis August 2013 sickerten, so Ganser, immer mehr bewaffnete Salafisten, Moslembrüder und al-Qaida-Kämpfer von Irak nach Syrien ein. Unter diesen Dschihadisten waren Scharfschützen, die „merkwürdigerweise sowohl auf Demonstranten als auch auf Sicherheitskräfte schießen… Umstritten ist, für wen sie arbeiten“, zitiert Ganser den deutschen Journalisten Jürgen Todenhöfer. Diese Vorgänge in Syrien wirken wie eine Vorahnung auf das Maidan-Massaker -sie wurden in Westmedien einschließlich Al Jazeera verschwiegen.
Ganser: „Wenn man den Kriegsausbruch in Syrien mit dem Kriegsausbruch in Libyen und dem Putsch in der Ukraine vergleicht, fällt auf, dass in allen drei Nato-Kriegen auf verdeckte Kriegsführung gesetzt wurde… es waren Geheimoperationen, welche die Situation eskalieren ließen, während die Drahtzieher im Hintergrund blieben.“ (S.295)
Axel Peters
Wirklich lesenswert.
Annette Charlotte
In all seinen Vorträgen kommt der Westen sehr schlecht weg…und nicht „eher“ schlecht. Und mit dieser Haltung hat er absolut Recht.
Uta Mohr
Ich schätze ihn sehr, immer präzise Analysen.
Falkenauge
Der erste Putsch in Syrien fand unter der Regie und der logistischen und finanziellen Unterstützung des CIA bereits am 30. März 1949 statt.
Grund: Der demokratisch gewählte syrische Präsident Schukri al Quwatli und die Mehrheit der Parlamentsabgeordneten verweigerten die Zustimmung.
Vgl.:
https://fassadenkratzer.wordpress.com/2017/07/21/die-verruchten-methoden-der-westlichen-imperialisten-im-nahen-osten/
Diskowollo
Man kann Herrn Ganser nicht genug für seine Aufklärungsarbeit danken. Er übernimmt quasi in einer Art Ein-Mann-Unternehmen die Aufgaben, die eigentlich Journalisten machen müßten!
Die Informationen Gansers sind für unser alle überlebenswichtig!
Oliver Stapf
nicht Schuld der NATO, sondern deren Befehlshaber aus den USA und Israel sind schuld an dem Leid der Länder, bei denen die US Demokratie importiert wurde.